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Zweisprachigkeit

Das bilinguale Konzept in der Grundschule des César-Franck-Athenäums in Kelmis


1. Aktueller Kontext

Die Grundschule des César- Franck- Athenäums in Kelmis verfügt über zwei getrennte Sprachabteilungen. In beiden Abteilungen sind mehr und mehr Schüler eingeschrieben, die diese bewusst besuchen möchten, um die Unterrichtssprache gründlich zu erlernen, obwohl es nicht ihre Muttersprache ist. Ein Teil der Schüler ist von Haus aus zweisprachig.

Diese Tatsache erfordert einen angepassten, differenzierten Unterricht. Die Erwartungen der Eltern und Schüler an diese Abteilungen unterscheiden sich wesentlich von den Erwartungen an einsprachige Abteilungen in den anderen Landesteilen.

Die Sekundarschule des César-Franck-Athenäums verfügt seit dem Inkrafttreten des Dekretes über die Vermittlung und den Gebrauch der Sprachen im Unterrichtswesen vom 19. April 2004 über eine deutschsprachige und über eine bilinguale Abteilung.

Im Laufe der Zeit stellte sich bei vielen Eltern und Schülern die Frage nach der Kohärenz zwischen der Grundschule und der Sekundarschule. Einerseits besteht die Befürchtung, dass Schüler nicht genügend Deutschkenntnisse haben, um eine bilinguale Sekundarschulabteilung zu absolvieren oder andererseits, dass Schüler, die gründliche Kenntnisse der französischen Sprache erwerben möchten, diese Sprache in der bilingualen Abteilung der Sekundarschule nicht ausreichend erwerben können.


2. Allgemeine Zielsetzungen

Ausgehend von den Bedürfnissen und Erwartungen der Familien, die ihre Kinder dem César-Franck-Athenäum anvertrauen, angesichts der lebensweltlichen Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit des gesellschaftlichen Umfelds, in dem die Kinder und Jugendlichen aufwachsen, sowie eingedenk der Empfehlungen der Europäischen Union, die individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern und mit dem Beginn des schulischen Erwerbs von Fremdsprachen möglichst früh zu beginnen, hat der Kindergarten im César-Franck-Athenäum das Konzept für ein Pilotprojekt zur intensiven frühen bilingualen Förderung ab dem 1. Kindergarten ausgearbeitet, um der gesamten Schülerpopulation einen altersgemäßen, einfachen und natürlichen Zugang zu beiden Sprachen, Deutsch und Französisch, zu ermöglichen. Damit soll eine fundierte sprachliche Grundlage in zwei Sprachen für den weiteren Bildungsgang in der Grundschule und in der Sekundarschule geschaffen werden, so dass nach erfolgreichem Schulabschluss die Jugendlichen Studium und/oder Berufsausbildung sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache bewältigen und damit den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen zu können.

Die frühe bilinguale Förderung im Kindergarten wird damit zu einem wesentlichen Element einer kohärenten und konsequenten Fremdsprachenförderung am César-Franck-Athenäum vom ersten Jahr des Kindergartens bis zum Abitur. Das setzt natürlich einen intensiven Dialog mit den Eltern und Schüler voraus, damit sie über Ziele, Organisationsformen und Arbeitsweisen verlässlich informiert und gegebenenfalls Zweifel und Ängste ausgeräumt werden können. Weiterhin sind mit dieser langfristigen Strategie der Professionalisierung des Lehrpersonals sowie fundierte schulinterne sowie schulübergreifende Absprachen zur Unterrichtspraxis verbunden.

Das Konzept der frühen bilingualen Förderung im Kindergarten basiert auf dem Prinzip der frühen reziproken Immersion (two-way bzw. dual bzw. balanced immersion), das sich gerade für diese Altersgruppe in Nordamerika und auch in vielen Teilen Europas bewährt hat. Nach diesem Prinzip erfolgt der Spracherwerb in sprachlich heterogenen Lerngruppen wie in einer zweisprachigen Großfamilie, d.h. die Sprachlerngelegenheiten sind authentisch mit den realen Interessen und Bedürfnissen der Kinder verknüpft und in konkrete Handlungszusammenhänge eingebunden. Das sprachliche Lernen geschieht also überwiegend auch in L2 inzidentiell, sozusagen nebenher in einem handlungsintensiven sozialen Kontext, d.h. die Kinder lernen Sprache durch Zuhören während des Handelns und Spielens. Entsprechend eilt in L2 das Hörverstehen der Sprachproduktion voraus. Das sprachliche Lernen geht nicht nur oder hauptsächlich von den Erzieherinnen aus, sondern "geschieht" in sprachlich heterogenen Lerngruppen im sozialen Kontakt der Kinder. Für die Gestaltung der Sprachlerngelegenheiten hat das zur Konsequenz, dass die soziale Vernetzung der Kinder in Freundesgruppen und Spiel- und Arbeitsteams auch nach sprachlichen Gesichtspunkten beobachtet und sanft gesteuert werden sollte.

Nach Erkenntnissen der Neuropsychologie wird bei Formen der frühen immersiven Zweisprachigkeit die Hirnentwicklung dadurch spezifisch beeinflusst, dass ein Hirngebiet im Broca-Zentrum aktiviert, vernetzt und entwickelt wird, das beiden Sprachen gemeinsam ist. Bei späterem Fremdsprachenerwerb werden für die verschiedenen Sprachen benachbarte Areale im Gehirn aktiviert. Ein früher Erwerb von Fremdsprachen schafft also Lernpotenziale, die sich auch auf die spätere Sprachlernfähigkeit positiv auswirken (Stadelmann), sofern die Förderung in beiden Sprachen in folgenden Bildungsabschnitten fortgesetzt wird. Es gibt außerdem empirische Nachweise dafür, dass frühe Zweisprachigkeit allgemeine kognitive Fähigkeiten unterstützt.


3. Modellbeschreibung

Ab dem Schuljahr 2011-2012 bietet der gesamte Kindergarten der Grundschule folgenden Anteil an fremdsprachlichen Aktivitäten an:

  • In der deutschsprachigen Abteilung erfolgen 60% der Aktivitäten in deutscher Sprache, 40 % der Aktivitäten in französischer Sprache.
  • In der französischsprachigen Abteilung sind 60% der Aktivitäten in französischer Sprache, 40% der Aktivitäten in deutscher Sprache.


Damit werden die Vorgaben aus dem DEKRET ÜBER DIE VERMITTLUNG UND DEN GEBRAUCH DER SPRACHEN IM UNTERRICHTSWESEN erfüllt.

Es gilt die Regel eine Person, eine Sprache. Dies bedeutet konkret, dass immer zwei Kindergärtnerinnen beziehungsweise zwei Primarschullehrer im Team zusammen arbeiten und die beiden Schülergruppen für bestimmte Aktivitäten beziehungsweise Unterrichtsstunden übernehmen. Die Lehrpersonen unterrichten dann in ihrer Muttersprache und gewährleisten somit ein korrektes sprachliches Vorbild. Die jeweiligen Teams planen und bereiten die Aktivitäten beziehungsweise die Unterrichte gemeinsam vor, treffen verbindliche Absprachen und betreuen die Schüler in gemeinsamer Verantwortung.

Die Eltern entscheiden während der Einschreibung ihrer Kinder, ob ihr Kind in der deutschsprachigen oder in der französischsprachigen Abteilung beschult werden soll. Der Schulleiter berät die Eltern nach pädagogischen Aspekten bestmöglich bei dieser Wahl.

In beiden Sprachabteilungen werden jeweils maximal 40 % der Aktivitäten beziehungsweise der Unterrichte in der 1. Fremdsprache erteilt und 60 % in der Unterrichtssprache der gewählten Abteilung.

Dabei gilt die Sprache der gewählten Sprachabteilung als dominante Sprache der Schüler, in der in der Regel auch der Erstleseunterricht stattfindet.

4. Im Kindergarten

Im Kindergarten gilt das Immersionsprinzip, d.h. die Kinder tauchen in ein  Sprachenbad ein und lernen beide Sprachen auf natürliche Weise. In der praktischen Umsetzung arbeiten jeweils zwei Kindergärtnerinnen im Team zusammen und betreuen abwechselnd zwei sprachlich verschiedene Kindergartengruppen. An zwei Tagen pro Woche finden die Aktivitäten in der Fremdsprache statt, für den Rest der Woche in der Muttersprache.

Die Kindergartengruppe werden von der Schulleitung so zusammengestellt, dass in jeder Gruppe ein ausgeglichener Anteil an deutschsprachigen, an französischsprachigen, an bilingualen und anderssprachigen Schülern gewährleistet ist.

Alle Aktivitäten werden im Team besprochen und vorbereitet. Pro Monat wird ein gemeinsames Thema für alle Kindergartengruppen gewählt.

Der Empfang der Kinder findet am Morgen jeweils sprachgemischt im Beisein der beiden zuständigen Kindergärtnerinnen statt. Dies verstärkt auch die Kommunikation mit den Eltern, die ihre Kinder in der Regle morgens in die Kindergartenklasse bringen und ermöglicht eine direkte Austauschmöglichkeit mit beiden verantwortlichen Kindergärtnerinnen.

Zum jeweiligen Thema werden unterschiedliche Aktivitäten in allen Themenbereichen angeboten. Die Aktivitäten werden nicht in der Zweitsprache wiederholt, sondern enthalten weitere Lernfelder.

Die Kindergärtnerinnen bemühen sich alle Aktivitäten durch den Einsatz von konkretem Material zu verstärken und dies unter Einsatz aller Sinne der Kinder. Sie achten insbesondere auch auf eine deutliche Aussprache und schaffen vielfältige Sprechgelegenheiten in der jeweiligen Sprache.

Der gezielte Einsatz von Sprachförderstrategien im Kindergarten ist hier ebenfalls von großer Bedeutung. Ein wertschätzendes Unterrichtsklima, in dem Fehler erlaubt sind, ist eine grundlegende Voraussetzung.

Die Kindergärtnerinnen unterstützen das Sprechen der Kinder durch Umformulierungen, durch Nachfragen und durch Erweiterung der Aussagen. Eine gut geführte Wortschatzkartei unterstützt das sprachliche Handeln der Kindergärtnerinnen und der Schüler im Kindergartenalltag.

5. In der Primarschule

Die Klassen werden nach Einschreibung der Schüler pro Sprachabteilung vorgenommen.

In der Primarschule beginnen die Schüler mit dem gezielten Fremdsprachenunterricht und zusätzlich werden verschiedene Fächer ebenfalls in der ersten Fremdsprache unterrichtet, um den Anteil von etwa 40 % der Unterrichtszeit zu gewährleisten.

Folgende Tabelle verdeutlicht die verschiedenen Unterrichtsanteile in den Stufen der Primarschule, der Religionsunterricht beziehungsweise der Ethikunterricht erfolgt immer in der Unterrichtssprache und dies 2 Stunden pro Woche. Folglich bleiben 26 Unterrichtsstunden von denen ca. 40 % in der ersten Fremdsprache unterrichtet werden, also ca. 10 Unterrichtsstunden.

 

Unterstufe der Primarschule

 

Fremdsprache und Musik

4 Stunden

Sport

2 Stunden

Kunst

2 Stunden

Geografie, Geschichte und Naturwissenschaften/Technik

2 Stunden

TOTAL

10 Stunden

Mittelstufe der Primarschule

Fremdsprache und Musik

5 Stunden

Sport

2 Stunden

Kunst

2 Stunden

Geografie, Geschichte und Naturwissenschaften/Technik

2 Stunden

TOTAL

11 Stunden

Oberstufe der Primarschule

Fremdsprache

5 Stunden

Musik

1 Stunde

Sport

2 Stunden

Kunst

2 Stunden

Geografie, Geschichte und Naturwissenschaften/Technik

2 Stunden

TOTAL

12  Stunden

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